In den Jahren 2022 bis 2023 sorgten massenhafte Abmahnschreiben wegen extern eingebundener Google Fonts für große Verunsicherung. Ausgangspunkt war ein Urteil des LG München I vom 20. Januar 2022, das die dynamische Nachladung der Schriften ohne Einwilligung als datenschutzwidrig einordnete. Inzwischen hat sich die Rechtslage jedoch deutlich geklärt: Das gleiche Gericht erklärte die anschließend losgetretene Abmahnwelle im Frühjahr 2023 ausdrücklich für rechtsmissbräuchlich; die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen den federführenden Anwalt und seinen Mandanten wegen Abmahnbetrugs und Erpressung.
Warum Google Fonts überhaupt problematisch sein kann
Beim „remote“-Einsatz lädt der Browser die Schriftdateien von Google-Servern nach. Dabei fließt die IP-Adresse der Besuchenden an Google LLC – eine Übermittlung, die als personenbezogen gilt. Ohne vorherige Einwilligung verstößt das nach der Rechtsprechung grundsätzlich gegen die DSGVO. Die datenschutzrechtliche Bewertung selbst wurde seit 2022 nicht aufgehoben; geändert hat sich lediglich die Einordnung der Massenabmahnungen.
Update (2023 / 2024): Stand der Abmahnwelle
- Urteil vom 30. März 2023 – Das LG München I stellte klar, dass tausendfach verschickte Serienbriefe, die ohne individuelles Interesse lediglich Geld erstreiten sollten, rechtsmissbräuchlich sind (Az. 4 O 13063/22). Damit entfiel der geforderte Schadenersatz von 100 € je Seite.
- Strafrechtliche Ermittlungen – Polizei und Generalstaatsanwaltschaft Berlin durchsuchten Kanzlei- und Privaträume der Beschuldigten; rund 346 000 € wurden beschlagnahmt.
- Handlungspflichten bleiben – Die datenschutzwidrige Remote-Einbindung ist weiterhin zu unterbinden. Unternehmen sollten Fonts lokal hosten oder eine Einwilligungslösung implementieren.
So prüfen Sie Ihre Website heute
- Online-Check: Tools wie der Google-Fonts-Scanner von eRecht24 oder Sicher3 zeigen, ob noch externe Aufrufe an
fonts.googleapis.com
bestehen. - Quelltext sichten: Suchen Sie nach
https://fonts.googleapis.com
oderfonts.gstatic.com
. - Umstellung auf lokal: Laden Sie die benötigten Schriftdateien herunter, legen Sie sie im Webspace ab und passen Sie Ihr CSS an.
Wenn weiterhin ein Abmahnschreiben eintrudelt
- Ruhe bewahren: Seit dem Urteil von 2023 sind pauschale Forderungen meist unbegründet.
- Echtes Risiko prüfen: Lassen Sie technisch verifizieren, ob Fonts noch remote eingebunden sind.
- Juristischen Rat einholen: Auch rechtsmissbräuchliche Schreiben sollten von einer Fachkanzlei bewertet werden; pauschal zu zahlen ist nicht empfehlenswert. Die IHK bietet erste Anlaufstellen für KMU.
Handlungsempfehlung für künftige Projekte
Planen Sie neue Sites gleich DSGVO-konform:
- Verwenden Sie lokale Web-Schriften oder datenschutzkonforme Dienste.
- Dokumentieren Sie in der Datenschutzerklärung transparent, welche Ressourcen extern geladen werden.
- Führen Sie regelmäßige Audits durch.
Fazit
Die Gerichte haben der Abmahnindustrie einen Riegel vorgeschoben, das grundsätzliche Datenschutzproblem ungelöster Remote-Schriften bleibt jedoch bestehen. Wer seine Google Fonts lokal hostet und die Einbindung sauber dokumentiert, schützt sich doppelt: vor neuerlichen Forderungen und vor Vertrauensverlust bei Nutzern.
Hinweis: Dieser Blog-Artikel stellt keine Rechtsberatung dar und kann insbesondere keine individuelle rechtliche Beratung ersetzen.